Was hat Dein Interesse an der Erforschung von Nachhaltigkeit in globalen Wertschöpfungsketten geweckt?

Was mich an globalen Wertschöpfungsketten fasziniert, ist, dass sie im Grunde die Grundlage für alles in unserem Alltag bilden. Das Essen, das wir zu uns nehmen, die Kleidung, die wir tragen, die Technologie, die wir nutzen – nichts davon gäbe es ohne das riesige und vernetzte Geflecht von Lieferketten dahinter. Sie zeigen, wie komplex, voneinander abhängig und zerbrechlich unsere globalen Systeme sind. Diese Komplexität macht Nachhaltigkeit nicht nur zu einer moralischen Verpflichtung, sondern zu einer logistischen Herausforderung von höchster Priorität. Gleichzeitig bin ich tief fasziniert davon, wie sich Künstliche Intelligenz in diesem Bereich entwickelt. Oft beginnt sie mit isolierten Anwendungen – zum Beispiel wenn eine einzelne Person die Logistik optimiert – doch sie skaliert und verbreitet sich schnell und verankert sich in ganzen Systemen und Netzwerken. Es ist wie ein digitaler Schleier, der sich allmählich über die Landschaft der Lieferketten legt. Zu verstehen, wie dieser „Schleier“ Nachhaltigkeit entweder unterstützen oder behindern kann, hat mich zu dieser Forschung hingezogen.

Was ist der Schwerpunkt Deiner aktuellen Forschung und welche Auswirkungen erhoffst Du Dir davon?

Meine Forschung untersucht, wie KI als Katalysator für eine effektivere Nachhaltigkeitsgovernance innerhalb globaler Lieferketten wirken kann. Dabei betrachte ich das Thema aus verschiedenen Perspektiven – technologisch, organisatorisch und ethisch. Wie kann KI sinnvoll in unternehmerische Nachhaltigkeitsstrategien integriert werden? Wie kann sie zu transparenteren Entscheidungsprozessen in komplexen Netzwerken beitragen? Und wie stellen wir sicher, dass sie die menschliche Verantwortung unterstützt – und nicht ersetzt? Ich kombiniere empirische Untersuchungen mit konzeptioneller Analyse, um sowohl zu verstehen, was in der Praxis bereits geschieht, als auch was künftig geschehen sollte. Letztlich hoffe ich, mit dieser Forschung dazu beizutragen, digitale Infrastrukturen so zu gestalten, dass sie nicht nur Effizienz fördern, sondern auch Fairness, Resilienz und ökologische Verantwortung ermöglichen.

Was sind Deiner Meinung nach die größten Wissenslücken in nachhaltigen globalen Wertschöpfungsketten?

Eine der größten Lücken besteht in der Diskrepanz zwischen dem technologischen Potenzial und der praktischen Umsetzung. Wir wissen, dass KI Nachhaltigkeit unterstützen kann – aber wie integrieren wir sie sinnvoll in Governance-Strukturen, die oft fragmentiert und undurchsichtig sind? Zudem fehlt es an systemischem Denken. Zu häufig wird Nachhaltigkeit als Checkliste oder separater Bereich behandelt, statt sie in jede Entscheidungsebene zu integrieren. Es gibt noch viel zu lernen darüber, wie Nachhaltigkeitsziele mit algorithmischer Logik in Einklang gebracht werden können – insbesondere auf eine Weise, die sowohl Daten als auch Menschen respektiert.

Wie hoffst Du, mit anderen in diesem Forschungsnetzwerk zusammenzuarbeiten?

Ich freue mich auf den interdisziplinären Austausch – insbesondere mit KollegInnen aus den Umweltwissenschaften, der Datenwissenschaft und der Wirtschaftsethik. Ich bin überzeugt, dass echter Impact entsteht, wenn wir Perspektiven kombinieren und uns gegenseitig in unseren Annahmen herausfordern. Außerdem würde ich gerne an gemeinsamen Fallstudien oder empirischen Forschungsprojekten mitarbeiten, die Theorie und Praxis näher zusammenbringen. Der Austausch von Daten, Werkzeugen und Ideen ist essenziell, wenn wir die bevorstehenden Nachhaltigkeitsherausforderungen gemeinsam bewältigen wollen.

Profil

Sofiya Pohurskyy ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Unternehmensrechnung und Wirtschaftsinformatik an der Universität Osnabrück. Im Rahmen des Wissenschaftsraums untersucht sie, wie Künstliche Intelligenz im Rahmen von Nachhaltigkeitsgovernance genutzt werden kann und wie so zum Beispiel Nachhaltigkeitsstandards besser gefördert und überwacht werden können.

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