Projektübersicht - Jann Lay

Auswirkungen von Lieferkettenregulierungen auf Produzenten (Länder) im Globalen Süden

Projektübersicht

Prof. Dr. Jann Lay, Lead Research Fellow und Leiter des Forschungsprogramms „Globalisation and Development“, betreut die Doktorarbeit von Frauke Steglich. Fraukes Promotionsprojekt untersucht Folgendes:

Auswirkungen von Lieferkettenregulierungen auf Produzenten(-länder) im Globalen Süden – Fokus des GIGA Hamburg

1. Inwieweit sind Länder des Globalen Südens von Sorgfaltspflichten (Due Diligence, DD) der EU betroffen?

Die EU-Regeln zur menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflicht (HRDD) können unbeabsichtigt verletzliche Volkswirtschaften im Globalen Süden marginalisieren. Um diese Risiken zu verstehen, ist es wichtig, systematisch zu bewerten, wie Länder durch ihre Rolle in globalen Wertschöpfungsketten (GVCs) exponiert sind.

Die Kombination von Länder- und Branchen-Daten mit Input-Output-Analysen ermöglicht es, diese Risiken zu identifizieren und zu messen und schafft so eine Grundlage für gezieltere und gerechtere Nachhaltigkeitspolitiken.

Anforderung 1: Detaillierte Daten zu menschenrechtlichen Risiken auf Länder- und Produktebene

- Liste importierter Güter, die als „risikobehaftet“ eingestuft wurden, einschließlich Herkunftsland, Risikotyp und Jahr der Kennzeichnung

- Abdeckung von Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Kinderzwangsarbeit

- Anteil risikobehafteter Exporte an den Gesamtexporten auf Branchenebene

Quelle: Kordalska et al. (2025). Daten des U.S. Bureau of International Labor Affairs (ILAB), erhoben gemäß dem Trafficking Victims Protection Reauthorization Act (TVPRA).

Anforderung 2: Fähigkeit, diese Daten auf Lieferkettenverflechtungen abzubilden

- Neues Analyseframework basierend auf der Input-Output (IO)-Methodik

- EORA Input-Output-Daten von 2021 (189 Länder und „Rest der Welt“, 26 Branchen)

- Ermittlung der Wertschöpfung, die in einem bestimmten Land und Sektor entsteht und mit der Endnachfrage in Europa verknüpft ist

Ziele:

- Indikator zur Erfassung menschenrechtlicher Risiken innerhalb spezifischer globaler Wertschöpfungsketten

- Index zur Messung der Länder- und Branchenexponierung gegenüber menschenrechtlichen Risiken

2. Welche Auswirkungen hat das französische Sorgfaltspflichtengesetz auf den Handel mit Entwicklungsländern?

Die Hypothese lautet, dass Sorgfaltspflichtengesetze (Due Diligence, DD) Entwicklungsländer schaden könnten, wenn europäische Unternehmen ihre Geschäftsbeziehungen mit sogenannten „Hochrisikoländern“ beenden. Bisher gibt es jedoch keine eindeutigen Belege dafür, dass dies tatsächlich geschieht. Um dies zu untersuchen, analysieren wir jährliche Firmendaten aus der Zollstatistik und vergleichen die Veränderungen im Importverhalten französischer Unternehmen, die vom DD-Gesetz betroffen sind, mit denen ähnlicher Unternehmen vor und nach Inkrafttreten des Gesetzes.

3. Welche Auswirkungen hat die EU-Sorgfaltspflichtenregulierung auf Produzenten im Globalen Süden?

Der Plan besteht darin, die Auswirkungen der EU-Sorgfaltspflichtenverordnung (EUDD) auf Produzenten im Globalen Süden zu bewerten. Dabei gibt es mehrere Herausforderungen: Ein Großteil der Regulierung ist noch nicht vollständig wirksam oder tritt erst gerade in Kraft, und die Erhebung von Firmendaten in großer Stichprobe gestaltet sich insbesondere bei Unternehmen mit Verbindungen zu globalen Wertschöpfungsketten (GVCs) schwierig. Ein möglicher Ansatz ist die Fokussierung auf die Auswirkungen der EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Produkten (EUDR), bei denen die Datenerhebung durch groß angelegte Haushalts- oder Farmbefragungen besser umsetzbar ist. Entwaldungsrisiken lassen sich hier direkt beobachten, was dieses Thema für eine Untersuchung besonders geeignet macht. Geplant ist eine Fallstudie zu einem Agrarprodukt wie Kaffee oder Kakao in einem noch festzulegenden Land.

Warum ist diese Forschung wichtig?

Nachhaltigkeitsregulierungen wie die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht sollen Umwelt- und Sozialstandards weltweit verbessern. Doch wie diese Vorgaben in der Praxis Produzenten im Globalen Süden treffen, ist bislang wenig erforscht. Erste Hinweise deuten darauf hin, dass sie unbeabsichtigte Folgen haben können – etwa die Verdrängung kleiner Produzenten, die nicht über die nötigen Mittel zur Einhaltung der Standards verfügen, oder die Verlagerung von Produktion in Länder mit weniger strengen Auflagen (Leakage-Effekte).

Solche Nebenwirkungen gefährden die eigentlichen Ziele der Nachhaltigkeitspolitik. Globale Wertschöpfungsketten nachhaltiger zu gestalten, ist hochkomplex und kann nicht allein durch Regulierung erreicht werden. Dafür braucht es bessere Daten, geeignete Methoden und ein tieferes Verständnis dafür, wie sich politische Maßnahmen entlang vielfältiger und fragmentierter Lieferketten auswirken.

Diese Forschung schließt zentrale Wissenslücken, indem sie auf bestehende Arbeiten zu nachhaltigen Lieferketten aufbaut. Ziel ist es, eine fundierte, kontext-sensitive Politikgestaltung zu ermöglichen – mit wirklichem Nutzen für Mensch und Umwelt.

Mit wem arbeitest Du zusammen?

Frauke Steglich (GIGA)