Projektübersicht - Franca Bülow
Betrachtung von Sorgfaltspflichten – Nachhaltigkeitsgovernance im Kontext von Due Diligence Regulierung

Projekt Überblick
Mein Postdoc-Projekt untersucht die Effekte und Implikationen der jüngsten Sorgfaltspflichtgesetze - insbesondere der EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit (CS3D) - auf die Governance globaler Wertschöpfungsketten (GVCs), wobei ich einen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit lege. In einer systematischen Untersuchung erfasse ich mit meinen Kolleg*innen neue empirische Erkenntnisse darüber zusammen, wie solche Gesetze die Strukturen der öffentlichen und der Unternehmensführung gestalten, und bewertet ihre Wirksamkeit entlang von Lieferketten.
Ergänzend zu dieser Untersuchung plane ich Workshops, in denen Beteiligte gemeinsam die wahrgenommenen Zusammenhänge zwischen Regulierung und Nachhaltigkeitsauswirkungen darstellen sowie Zukunftsszenarien für ihre Unternehmen erstellen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden durch Folgebefragungen ergänzt und dienen dazu, die Wahrnehmungen relevanter Interessengruppen hinsichtlich der Wirkung von Sorgfaltspflichtsregulierungen zu überprüfen.
Zusammen mit Kolleg*innen aus dem Cluster möchte ich eine Diskursanalyse der Umsetzungsprozesse auf nationaler Ebene durchführen. In dieser Komponente analysiere ich, wie unterschiedliche Narrative die Legitimität und Wirksamkeit von Sorgfaltspflichtgesetzen konstruieren, wobei Spannungen wie fragmentierte regulatorische Umgebungen, konkurrierende Interessen und unterschiedliche Kapazitäten für die Einhaltung der Vorschriften untersucht werden. Zu den Quellen gehören Gesetzestexte, Unternehmensoffenlegungen, Kommentare von Interessengruppen und Medienveröffentlichungen.
Zu den geplanten Ergebnissen meines Postdocs gehört auch ein konzeptionelles Papier, das Legitimität in der transnationalen Governance von Lieferketten überdenkt und sich dabei auf Debatten über staatliche Souveränität und den Einfluss der Zivilgesellschaft stützt, sowie eine politische Analyse, die untersucht, wie mHREDD mit bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen interagiert und wie es das Potenzial hat, die politische Harmonisierung in verschiedenen Rechtsordnungen zu fördern.
Durch die Integration von systematischer Evidenz, Stakeholder-Perspektiven und konzeptioneller Analyse trägt das Projekt zu einem tieferen Verständnis der regulatorischen, politischen und institutionellen Dynamik bei, die die Nachhaltigkeits-Governance in globalen Lieferketten prägt.
Warum ist diese Forschung wichtig?
Regulierungsbemühungen wie die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsprüfung von Unternehmen (CS3D) darauf ab, die transnationale Produktion nachhaltiger, gerechter und rechenschaftspflichtiger zu machen. Es gibt jedoch noch immer nur ein begrenztes Verständnis darüber, wie sich solche Gesetze in der Praxis auf Governance-Strukturen, Machtbeziehungen und sozial-ökologische Ergebnisse auswirken. Dieses Projekt arbeitet zu dieser Lücke, indem es sowohl die beabsichtigten als auch die unbeabsichtigten Folgen von Sorgfaltspflichtgesetzen in verschiedenen Kontexten und Sektoren evaluiert. Durch die Kombination von empirischen Erkenntnissen, Stakeholder-Perspektiven und konzeptionellen Untersuchungen soll das Projekt zu effektiveren, inklusiveren und legitimeren Ansätzen für eine globale Nachhaltigkeits-Governance beitragen.
Forschungsziele
- Synthese der Erkenntnisse über die Auswirkungen der EU-Rechtsvorschriften zur Sorgfaltspflicht auf die Unternehmensführung durch eine systematische Überprüfung.
- Einbeziehung von Interessenvertreter*innen in ein partizipatives Systemdenken, um wahrgenommene kausale Zusammenhänge zwischen Regulierung und Auswirkungen zu erfassen.
- Vergleich der nationalen Umsetzungen durch Diskurs- und Framing-Analysen, um divergierende Interpretationen und Legitimitätsansprüche zu identifizieren.
- Entwicklung konzeptioneller Erkenntnisse über die Beziehung zwischen Legitimität, Effektivität und transnationaler Souveränität in der GVC-Governance.
- Analyse politischer Interaktionen und des Potenzials für die Verbreitung und Harmonisierung von Vorschriften innerhalb und außerhalb der EU.
- Beitrag zu wissenschaftlichen und politischen Debatten darüber, wie Sorgfaltspflichtregelungen, die sowohl wirksam als auch gerecht sind, konzipiert und umgesetzt werden können.
Mit wem arbeitest Du zusammen?
Ich arbeite derzeit eng mit meinen Kolleg*innen aus Cluster 1 zusammen, die sich mit Governance und den Auswirkungen von Sorgfaltspflichtgesetzen auf Nachhaltigkeit und Menschenrechte sowie auf Souveränität beschäftigen. Außerdem habe ich begonnen, eine Arbeit mit Kolleg*innen aus Cluster 2 zu konzipieren, bei der wir KI und Textanalysen zur Untersuchung der Nachhaltigkeitsberichterstattung einsetzen wollen.
Gibt es bereits erste Ergebnisse, die Du mit uns teilen möchten?
Wir sind gerade dabei, eine Fallstudienanalyse durchzuführen, bei der wir akademische Veröffentlichungen über die Auswirkungen von Sorgfaltspflichtgesetzen mit besonderem Schwerpunkt auf Governance und Auswirkungen auf Nachhaltigkeit und Menschenrechte auswerten. Diese Vogelperspektive, die sich noch in der Entwicklung befindet, gibt uns einen Einblick in das angesammelte Wissen (zumindest im Forschungsbereich). Die Literatur scheint sich auf (a) die Umsetzung von Gesetzen im globalen Norden und (b) die Umsetzung durch Unternehmen und deren Auswirkungen im globalen Norden zu konzentrieren, so dass wenig über (a) administrative Umsetzungsprozesse und die Durchsetzung von Gesetzen und (b) die Auswirkungen im globalen Süden bekannt ist.