Henrike Jost

Wissenschaftliche Mitarbeiterin (PhD)

Was hat DeinInteresse an der Erforschung von Nachhaltigkeit in globalen Wertschöpfungsketten geweckt?

Ich bin zum ersten Mal durch den Podcast „Lage der Nation” auf Gesetze zur Sorgfaltspflicht im Bereich Menschenrechte aufmerksam geworden, in dem die ersten Pläne zur Entwicklung eines deutschen Gesetzes diskutiert wurden. Obwohl mich diese neue Gesetzgebung zunächst faszinierte, habe ich die anschließenden Debatten nicht genau verfolgt. Während meines zweiten Master-Semesters besuchte ich jedoch einen Kurs zum Thema Nachhaltigkeitsgovernance, der meine beiden Forschungsinteressen – Menschenrechte und Nachhaltigkeit – miteinander verband.

In diesem Kurs habe ich mich mit den Gesetzen zur Sorgfaltspflicht im Bereich Menschenrechte sowohl aus Unternehmens- als auch aus Stakeholder-Perspektive auseinandergesetzt und konnte so Berichte und eine Semesterarbeit zu diesem Thema verfassen. Der Kurs weckte mein Interesse für dieses Thema und veranlasste mich, die Diskussionen rund um das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und die EU-Richtlinie zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen aktiv zu verfolgen.

In nachfolgenden Kursen habe ich mich weiter mit diesem Thema beschäftigt und mein Wissen und Verständnis für die Komplexität der Sorgfaltspflichten im Bereich der Menschenrechte in verschiedenen Kontexten vertieft.

Was ist der Schwerpunkt Deiner aktuellen Forschung und welche Auswirkungen erhoffst Du Dir davon?

Der Schwerpunkt meines Forschungsprojekts liegt auf dem politischen Entscheidungsprozess im Zusammenhang mit der Gesetzgebung zur Sorgfaltspflicht im Bereich der Menschenrechte auf europäischer Ebene. Diese Untersuchung verfolgt die Entwicklung der Initiativen von ihren Anfängen auf europäischer Ebene bis hin zu aktuellen Entwicklungen wie dem Omnibus-Vorschlag.

Ich interessiere mich dafür, die verschiedenen Interessengruppen zu untersuchen, die versucht haben, diese Gesetzgebung entsprechend ihren Interessen zu gestalten, und die Strategien zu analysieren, mit denen sie während des gesamten Gesetzgebungsprozesses Einfluss genommen haben.

Insbesondere möchte ich die Beständigkeit und Stabilität dieser Koalitionen untersuchen und dabei die Dynamik der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Interessengruppen beleuchten. Ich möchte verstehen, unter welchen spezifischen Bedingungen und Umständen diese Koalitionen ihre Bemühungen erfolgreich bündeln können und wie sie es schaffen, den Wettbewerb um begrenzte Ressourcen zu bewältigen und interne Konflikte zu entschärfen.

Durch die Aufdeckung dieser komplexen Interaktionen soll das Verständnis für die Dynamik von Interessengemeinschaften verbessert werden, um Koalitionsmitgliedern und politischen Entscheidungsträgern wertvolle Erkenntnisse zu liefern. Die Mitglieder der Koalition können von diesem besseren Verständnis profitieren, indem sie es für ihre Strategien nutzen und so die Faktoren erkennen, die zum Erfolg oder Misserfolg ihrer Initiativen zur Beeinflussung politischer Entscheidungen beitragen. Politische Entscheidungsträger können die Ergebnisse nutzen, um Strategien zur Konsensbildung zu entwickeln. Im Allgemeinen trägt die Forschung zu einer gut angewandten Theorie bei und generiert neues Wissen über Gesetze zur Sorgfaltspflicht im Bereich der Menschenrechte.

Was sind Deiner Meinung nach die größten Wissenslücken in nachhaltigen globalen Wertschöpfungsketten?

Es bestehen weiterhin Wissenslücken hinsichtlich der Frage, wie eine wirksame Messung der Auswirkungen funktionieren sollte. Es ist unerlässlich, einen umfassenden und differenzierten Ansatz zu verfolgen, der über ein bloßes Abhaken von Checklisten hinausgeht. Daher ist es wichtig zu untersuchen, wie ein solcher Ansatz aussehen sollte und ob sektorspezifische Ansätze entwickelt werden müssen. Dies kann die Einbeziehung von Interessengruppen innerhalb jedes Sektors erfordern, um die spezifischen Risiken zu verstehen und bewährte Verfahren zu entwickeln, die den besonderen betrieblichen Gegebenheiten und gesellschaftlichen Kontexten entsprechen.

Mit dem ersten Punkt verbunden ist außerdem die noch immer nicht klar definierte Natur der Sorgfaltspflicht im Bereich der Menschenrechte. Von Unternehmen wird erwartet, dass sie proaktive Maßnahmen ergreifen, um Verstöße zu verhindern. Diese proaktive Haltung stellt eine besondere Herausforderung dar, da sie eine gründliche und kontinuierliche Bewertung der Risiken, die Einbeziehung von Interessengruppen und die Umsetzung maßgeschneiderter Strategien zur Risikominderung erfordert.

Wie hoffst Du, mit anderen in diesem Forschungsnetzwerk zusammenzuarbeiten?

Ich hoffe, das interdisziplinäre Potenzial dieses Forschungsnetzwerks voll ausschöpfen zu können. Durch die Integration von Erkenntnissen aus verschiedenen Disziplinen – wie Wirtschaft, Geografie und Recht – werden unsere gemeinsamen Forschungsbemühungen meiner Meinung nach bereichert. Dieser facettenreiche Ansatz wird es uns ermöglichen, Gesetze zur Sorgfaltspflicht im Bereich der Menschenrechte aus einer umfassenden Perspektive zu untersuchen und letztendlich die Qualität und Wirkung unserer Projekte zu verbessern.

Profil

Henrike Jost ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialwissenschaften der Universität Osnabrück. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf der Koalitionsdynamik im EU-Subsystem für Menschenrechte und Umwelt-Sorgfaltspflichten.

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